Das Radio bis zum Anschlag aufgedreht und das Fenster heruntergelassen, glitt das dunkelgrüne Auto über die Autobahn, während der aufmerksame Blick der Fahrerin auf die Fahrbahn vor sich gerichtet war, damit sie so schnell wie möglich reagieren konnte, sollte ihr jemand direkt vor das Auto fahren. Bereits seit Stunden fuhr der Wagen bereits geradeaus und mit einem Blick auf das Navigationssystem konnte Zaira Cesari feststellen, dass auch noch einige weitere Stunden auf der langweiligen Autobahn vor ihr lagen, doch die junge Frau wäre kaum sie selbst, wenn sie nicht auch dafür eine Lösung parat hatte um sich die restliche Fahrt spannender gestalten zu können. Und so verbrachte sie die erste Hälfte der restlichen Fahrt damit die Lieder aus dem Radio mit zu trällern, dabei auf dem Lenkrad ein Trommelsolo zu spielen und so zu tun als wäre das Auto ihre Bühne, während die restlichen Mitfahrer auf der Autobahn eben ihr Publikum waren. Allerdings wurde ihr diese Tätigkeit relativ schnell langweilig, sodass sie die zweite Hälfte der Fahrt schließlich damit zu brachte, sich Geschichten zu den Autofahrern um sie herum auszudenken. So gab es die abgehetzte Ehefrau und Mutter von drei Kindern, die heute nicht nur Überstunden hatte machen müssen, sondern sich auch noch um ihren kranken Ehemann kümmern musste, sobald sie gleich nach Hause kam. Oder der untreue Ehemann, der soeben auf dem Weg zu seiner Affäre war, mit der er bereits die Auswanderung nach Peru plante. Und so vergingen die restlichen Stunden beinahe wie im Flug, während die junge Frau den Spaß ihres Lebens hatte, wenngleich sie dennoch unfassbar erleichtert war, als sie endlich von der Autobahn runter konnte.
Von der Autobahn runter drosselte Zaira allerdings nicht nur ihre Geschwindigkeit, sondern auch die Lautstärke des Radios, damit sie nicht allzu viel Aufsehen erregte. Absolut unauffällig reihte sie sich in den Verkehr der Großstadt, hielt an sämtlichen roten Ampeln und kam nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich bei der Villa an, die ihr Cousin bewohnte. Eine Weile ließ sie den Blick über das Gebäude schweifen, spürte dabei eine leichte Unsicherheit in sich aufkeimen und die Angst davor, dass Pasquale sie wegschicken würde, sobald er die Tür öffnete. Falls er ihr öffnen würde. Und doch hatte Zaira keine andere Wahl, schließlich war sie den ewig langen Weg nicht hierher gekommen, damit sie es sich nun anders überlegte und schließlich zurückfuhr.
Mit einem letzten Blick in den Rückspiegel stieg die junge Frau schließlich aus dem gestohlenen Auto aus, griff sich ihre riesige Reisetasche und machte sich auf den Weg zur Haustür der Villa, vor der sie zum Stehen kam. Und mit einem letzten tiefen Atemzug drückte sie bereits auf die Klingel, während sie mit angehaltenem Atem darauf wartete, gleich in das Gesicht ihres Cousins blicken zu können.