Es war ganz offensichtlich, dass Jean-Baptiste einer Situation hinzutrat, die kurz davor war zu eskalieren. Damit war natürlich nicht gemeint, dass eine der beiden Personen in ein Glas mit Badetabs greifen und die andere Person bewerfen würde - zumindest hoffte er das inständig - doch es war ziemlich wahrscheinlich, dass die genervt wirkende Verkäuferin sich bald der Situation entziehen würde. Und irgendwie konnte er es gut nachvollziehen. Der Franzose hatte selbst schon Situationen erlebt, in denen es ihn bald zur Verzweiflung getrieben hatte, die andere Person nicht zu verstehen. Und ganz unweigerlich dachte er an den Tag zurück, an dem Lino und er sich das erste Mal geküsst hatten. Zwischen all den Endorphinen, die Lino an diesem Tag bei ihm hervorgerufen hatte, blitzte jedoch auch dieser eine Moment in seinen Erinnerungen auf. Er erinnerte sich gut an den verzweifelten Blick seines Exfreundes und an die eigene Verzweiflung, weil er Lino einfach nicht verstanden hatte - und dementsprechend völlig hilflos dagelegen hatte, während sich dieser wundervolle Mensch in seinem eigenen Drama vergrub. Ganz so schlimm dürfte es für die junge Verkäuferin und ihren potentiellen Kunden wohl nicht sein - zumindest bezweifelte Jean, dass hier tiefgehende Gefühle involviert waren - dennoch war es wohl für alle Beteiligten ziemlich unangenehm. Und da kam er in's Spiel. Seit Madrid hatte er zwar kein Wort Spanisch mehr gesprochen - zu eng verknüpft war diese Sprache mit dem Herzschmerz, den er empfand - dennoch schaffte er es einen einigermaßen geraden Satz heraus zu bringen. Seine eigene Stimme klang fremd in seinen Ohren, als sie in der Sprache Worte formte, die für Jean ganz allein Lino vorbehalten war.
Blinzelnd folgte er dem Blick des Spaniers an die Decke, fragte sich ob er vielleicht doch mit einem Vokabel daneben gelegen hatte, als er die weiteren Worte vernahm - die ihm ein schiefes Schmunzeln auf die Lippen zauberte. Spanier - typisch. "Äh, ja klar. Du kannst sagen du.", beantwortete er die Frage, während der Andere Luft holte - irgendwie glaubte Jean ja, dass er ansonsten nicht mehr zum Sprechen kommen würde. Und zugegeben kostete es ihn einiges an Anstrengung, dem schnellen Geplapper zu folgen, denn im Gegensatz zu Lino nahm dieser Kerl hier keine Rücksicht darauf, dass Jean nunmal kein Muttersprachler war. Dennoch musste der Titelerbe überrascht feststellen, dass er erstaunlich gut verstand. Offenbar hatten die vier Monate Dauerbeschallung in plapperndem Spanisch wohl doch etwas mit seinem Hörverständnis gemacht. "Ich verstehe.. einen Moment.", bat er den Dunkelhaarigen lächelnd, ehe er sich der Verkäuferin zuwandt. "Er ist auf der Suche nach einer Badekugel für ein romantisches Bad. Dabei hätte er gerne eine Kugel, die zwar irgendwie zum Thema passt aber nicht so penetrant riecht, dass man Kopfschmerzen bekommt, wenn man das Bad ein wenig ausdehnt. Haben Sie also etwas, was vielleicht ein wenig leicht und angenehm riecht?", erkundigte er sich bei der Verkäuferin, die ihm auch sofort ein paar der Kugeln zeigte, die auf die Beschreibung passen würden. Erneut wandte er sich an den Spanier. "Gibt es..", er dachte kurz nach und ordnete die Worte in seinem Kopf. "... Geruch den du oder die Person in der Badewanne nicht mögen? Außerdem..", wieder eine kurze Pause. "... die Frau fragt, lieber mit.. ähm.. Schaum oder.. ", das nächste Wort fiel ihm beim besten Willen nicht ein, sodass er einfach nur "Blubb Blubb" machte und dabei die Backen aufblies, damit der Andere hoffentlich verstand, was er meinte.