Zaira wusste nicht, was sie erwartet hatte, sollte sie einfach vor der Tür von ihrem Cousin stehen, doch diese ehrliche Freude hatte sie tatsächlich nicht erwartet. Überrascht, aber sehr glücklich über diesen Umstand, ließ sie sich von ihrem Cousin durch die Luft wirbeln, während ihr fröhliches Lachen die Stille durchbrach. Und darüber vergaß sie tatsächlich fast die Müdigkeit, die ihr durch die lange Autofahrt in den Knochen steckte, ebenso das geklaute Auto vor dem Tor oder auch die Tatsache, dass ihr nicht nur ein unangenehmes Gespräch mit ihren Eltern drohte, sondern auch mit ihrem Onkel. Ob er sich wohl ebenso über die freuen würde, wie es Pas in diesem Moment tat? Zaira wusste es nicht, dennoch war es genau das, worauf sie hoffte. Direkt nach der Hoffnung, dass man ihr Asyl gewähren würde, damit sie nicht wieder zurück nach Italien musste, wobei sie dies sehr wahrscheinlich auch nicht tun würde. Ganz egal, wie die Antwort von Pas oder ihrem Onkel auch ausfallen würde. Und sie wappnete sich innerlich bereits vor den vielen Fragen, die man ihr wahrscheinlich stellen würde.
Ihr Cousin machte diesbezüglich direkt den Anfang, denn kaum hatte er sie wieder auf den Boden abgestellt, wollte er auch schon wissen was sie denn hier tun würde und wie zu erwarten entlockte ihre Antwort ihm ein leises Seufzen. “Nichts ‘Ach Zai…’! Tut mir Leid, dass so sagen zu müssen, aber meine Eltern haben sie wirklich nicht mehr alle. Offenbar glauben sie immer noch, dass ich ein kleines Kind bin, aber das bin ich nicht mehr. Ich kann meine eigenen Entscheidungen treffen. Wollten sie nicht akzeptieren, also bin ich abgehauen. Ist besser so.”, und sie hoffte wirklich, dass Pas sie zumindest zum Teil verstehen und sich nicht auf die Seite ihrer Eltern schlagen würde.
Und hatte sie gerade eher finster drein gesehen, hellte sich ihre Miene schlagartig auf, nachdem Pas gesagt hatte, dass sie Asyl bekommen würde. Lief doch besser als gedacht, zumindest bisher, denn die nächsten Worte brachten die junge Frau dazu aufzustöhnen. “Pas…bitte nicht. Ich rede natürlich gerne mit Onkel, aber ich werde nicht meine Eltern anrufen. Sind doch selbst Schuld, dass ich weg bin, also können sie sich auch ruhig ein wenig Sorgen machen. Wird ihnen schon nicht schaden.”, doch kaum waren diese Worte über ihre Lippen gekommen, wusste Zaira bereits, dass sie damit nicht weit kommen würde. Familie war schließlich alles und sie würde um ein Telefonat ganz sicher nicht herumkommen.
“Na ein Glück! Ich habe einen Bärenhunger.”, lachte sie ihrem Cousin entgegen, nachdem dieser ihr offenbart hatte, gerade am Frühstücken zu sein. Und so folgte sie ihm ins Innere des Hauses bis nach oben zu seiner Wohnung, wo sie sich direkt neugierig umsah, während sie Pas bis auf den Balkon folgte. “Japp, bin ich.”, beantwortete sie ihm die Frage, ob sie die gesamte Strecke alleine gefahren war, bevor sie sich auch schon auf einen der Stühle fallen ließ und erschöpft seufzte. “Schön hast du es hier.”, lächelte sie Pas nun an, nachdem sie sich auch auf dem Balkon kurz umgesehen hatte. “Danke, dass ich bleiben darf.”