Wirklich nachvollziehen, weshalb seine Mutter dieses Verhalten bei dem Anderen auslöste, konnte er nicht. Immerhin hatte er selbst Paco auch nichts getan, außer, dass er eben existierte und damit zu seinem Projektpartner wurde. Aber das war ja nun wirklich nicht auf seinen Mist gewachsen. Und trotzdem bekam er die geballte Ladung schlechter Laune ab, während seine Mutter von einem kleinen Engel begrüßt wurde. Vielleicht war das so ein Autoritätsding. Er selbst strahlte solche schließlich nicht aus und war damit im Grunde prädestiniert dafür, von anderen Leuten fertig gemacht zu werden. Und er war zumindest hoffnungsvoll, dass Paco davon absehen würde, ihn fertig zu machen. Zumindest in seinem eigenen Zuhause. Einem Pfarrhaus. Also.. wenn das kein Ort war, die Fäuste bei sich zu behalten, wusste er auch nicht weiter.
Einen kurzen Moment zögerte Paco, bis der sich wohl doch einen Ruck zu geben schien und sich zu ihm auf den Boden setzte. Es gab zwar einen Schreibtisch im Zimmer, aber an dem saß man zu zweit definitiv zu beengt - etwas, was er gerne vermeiden wollte. Vor allem mit dem Kerl, von dem man nicht nur hörte, dass er gerne Leute verprügelte, sondern auch auf Männer stand. Nicht, dass sich Gus als richtigen Mann sah. Er war ein Schüler und sicherlich überhaupt nicht der Typ von Paco. Aber trotzdem konnte er darauf verzichten, irgendwelche Situationen herauf zu beschwören aus denen.. Irritationen erwachsen könnten.
Dass sein Gegenüber der Böse sein wollte, ließ Gus kurz schmunzeln, verbarg dieses aber lieber schnell wieder. "Ist okay für mich.", was sollte er sonst sagen? "Also.. In der Geschichte geht es um ein
amerikanisches Ehepaar, das Urlaub in einem Hotel in Italien macht.", begann er zu erzählen und versuchte dabei einerseits sich möglichst kurz zu fassen, andererseits aber auch alle wichtigen Informationen mit aufzunehmen. "Die Frau steht am Fenster und sieht auf dem menschenleeren Hotelvorplatz ein kleines Kätzchen, das sich vor dem Regen schützen will und sich daher unter einem kleinen Tisch versteckt. Der Anblick des hilflosen Kätzchens weckt bei der Frau Muttergefühle und sie beschließt nach draußen zu gehen, um es zu retten. Doch als sie ankommt, ist das Kätzchen verschwunden. Als sie wieder in ihr Hotelzimmer kommt, wird sie von ihrer Enttäuschung übermannt und nimmt sie zum Anlass, ihrem Mann die Unzufriedenheit über ihre Ehe und ihr Leben mitzuteilen. Sie wünscht sich ein fraulicheres Aussehen, Kinder, ein festes Zuhause. Sowas eben. Ihren Ehemann interessiert dies wenig, er möchte am liebsten weiter lesen und tut die Beschwerden seiner Frau als unverständlich und uninteressant ab. Er liest einfach weiter und hört nicht zu, während seine Frau weiter über ihre Wünsche spricht. Nun kommt ein Bote und bringt der Frau ein Kätzchen, er wurde beauftragt vom Besitzer des Hotels, der die versuchte Rettungsaktion der Frau miterlebt hat und ihre Enttäuschung nach dem Scheitern ebenfalls registrierte. Mit diesem offenen Ende schließt die Geschichte.", leicht wog er den Kopf, griff nach einem Stück Apfel von der Snackplatte und sah wieder zu Paco rüber. "Was denkst du, könnte ihr innerer Konflikt sein?"