Gleichermaßen amüsiert wie fasziniert sah ich dabei zu, wie sich die Mimik des Mexikaners vor mir änderte. Ich sah den Moment, als Paco mich erkannte und auch wie wenig es ihm zu passen schien, dass ich hier aufgetaucht war und seinen Weg gekreuzt hatte. Alles wie immer also, wenngleich ich dennoch einen leichten Stich im Herzen spürte, hatte ich mir vorgestellt, dass unsere nächste Begegnung anders als sonst verlaufen würde. In all meiner Naivität hatte ich wirklich geglaubt, dass Paco mir gegenüber anders sein würde, jetzt wo er mich ein wenig besser kennengelernt hatte. Und wo wir uns den ganzen Weg ziemlich gut unterhalten hatten. All das schien in diesem Moment jedoch vergessen zu sein, zumindest auf der Seite meines Gegenübers, anders konnte ich mir dasselbe distanzierte Verhalten nicht erklären.
Doch ganz egal wie sehr es mich auch traf, nach außen hin merkte man mir nichts an. Stattdessen trug ich wie immer das lässige Lächeln auf den Lippen, welches man von mir kannte, während mein Blick aufmerksam auf dem Mexikaner lag und kaum vernahm ich dessen Worte, verwandelte sich mein Lächeln in ein breites Grinsen. “Und jetzt geht es dir noch viel besser, hm?”, verlangte ich nun, absolut selbstbewusst zu wissen, während ich mich nicht allzu sehr von der schlechten Laune des Anderen beeindrucken ließ. Schließlich kannte ich dies ja schon von Paco. Es war also wirklich nichts Neues.
Und dann sprach mein Mitschüler endlich unsere letzte Begegnung an. Offenbar versuchte der Mexikaner diese Erfahrung doch nicht einfach zu ignorieren, wenngleich dies zu ihm gepasst hätte, besonders nachdem ich ihn mit meinem Kuss auf der Wange sicherlich sehr überrascht hatte. Dass er mir dafür letztens keine verpasst hatte, aber es auch jetzt noch nicht zum Gespräch gemacht hatte wertete ich erstmal als gutes Zeichen. Irgendwie zumindest. Manchmal musste man sich eben an Strohhalme klammern. “Doch, natürlich.”, begann ich nun, wusste aber auch, dass es nicht erklärte, warum ich schon wieder alleine losgezogen war, nachdem es beim letzten Mal die reinste Katastrophe gewesen ist. Der Schreck darüber hatte mir noch den halben Abend in den Knochen gesteckt und ich habe mir nicht einmal richtige Ablenkung von Jer versprechen können, weil mein Kumpel aus unerklärlichen Gründen absolut komisch drauf gewesen war. Auch, wenn der Langhaarige was Anderes behauptet hatte, aber ich war ja nicht doof und hatte durchaus gemerkt, dass irgendwas nicht zu stimmen schien. Wie auch immer. “Aber ehrlich gesagt habe ich gehofft, dass ich dir über den Weg laufen würde, dann wäre ich ja nicht mehr alleine.”, warum hätte ich auch lügen sollen? Dies war noch nie meine Stärke gewesen, denn ich war schon immer ein Verfechter der Wahrheit und ich war zudem unfassbar gespannt, wie der Andere auf meine Ehrlichkeit reagieren würde. “Also nein, ich habe Tim nicht verloren.”, lächelte ich nun, fuhr mir kurz durch das dunkle Haar und trank etwas von meinem Drink, bevor ich auch schon wieder zu Paco sah. Und mit seiner nächsten Frage wurde ich auch schon wieder etwas ernster, bevor ich mit dem Kopf schüttelte. “Nein, habe ich nicht. Ich wollte unseren ersten gemeinsamen Abend nicht mit solch einem Thema kaputt machen, weißt du? Aber ich werde es ihm bestimmt noch erzählen.”, oder auch nicht, denn so ganz war ich mir wirklich nicht sicher darüber, ob ich meinem Zwilling davon erzählen wollte, dabei wusste ich nicht einmal, warum ich es denn nicht tun sollte, aber im Grunde reichte es mir bereits, dass Paco und Jer davon wussten. Mehr brauchten das wirklich nicht zu wissen, wie ich fand. “Und du bist heute mit deiner Clique unterwegs?”