Wie hätte es auch nicht auf dieses Bild in meinem Kopf herauslaufen können, wenn ich ihn schon so blöd fragte, wovon er nachts eigentlich träumte? Vermutlich hätte es mir in irgendeiner Form schmeicheln sollen, dass ich Bestandteil seiner feuchten Träume war – dass das so war, glaubte ich ihm nämlich durchaus – aber eher ließ mich der Gedanke gerade schlucken. Wer wusste schon, was er noch so trieb, während er an mich dachte. Nackt. Unter ihm oder auf ihm oder wo auch immer. Ebenfalls eigentlich verdammt schmeichelhaft der Gedanke, dass er zwischenzeitig damit beschäftigt sein könnte, sich auf mich einen runterzuholen, wenn man bedachte, was für ein fucking Adonis der Spinner eigentlich war, trotzdem machte mich der Gedanke gerade fast schon ein kleines bisschen nervös. Was, wenn ich seinen Erwartungen nicht gerecht wurde? Halt Stopp. Das wäre doch perfekt! Wenn er sich mehr von mir erwartet hatte als das, was ich letzten Endes gab, würde er sich schon einen anderen suchen. Aber hatte ich Lust darauf, weniger zu geben als gewöhnlich? Immerhin wollte ich trotzdem meinen Spaß und nicht einfach halbherzig Blowjobs verteilen und mich durchnehmen lassen einfach, damit das Ganze vom Tisch war. „Du musst als Baby echt zu oft vom Wickeltisch gefallen sein, Junge.“ Sachte schüttelte ich den Kopf über seine Worte. Sowohl über seine feuchten Träume über mich, als auch darüber, dass er noch immer der festen Überzeugung war, dass ich ihm etwas vormachte, wenn ich davon sprach, dass ich keine Lust hatte mit ihm abzuhängen.
Entsprechend erleichtert war ich fast schon, als es ernster wurde und weniger um mich und mehr um seinen Bruder ging. „Klar. Ich meine, entweder weiß er, dass sowas passieren kann und hat nichts gesagt, ober das war eine ganz neue Nummer, über die er besser auch Bescheid wissen sollte. Es sei denn der Typ steht drauf, wenn alte Schmierlappen ihn durchnehmen wollen.“ Gab ja für alles einen Fetisch und wenn ich ganz ehrlich war, stand ich selbst auf Typen, die älter waren als ich. Nur eben nicht so viel älter und weniger fordernd. Und. Naja. Attraktiver halt. So ein heißer, gut gebauter Mitt- bis Enddreißiger durfte schon auch mal ran, wenn er denn wollte und das vernünftig kommunizierte. Dagegen hatte ich wirklich rein gar nichts.
„Nur, weil du niemanden gesehen hast, heißt das noch lange nicht, dass ich alleine unterwegs war.“ Sachte zuckte ich mit den Schultern und beschloss, es damit dabei zu belassen. Weiter wollte ich, was das anging, echt nicht in die Tiefe gehen. Allein schon, weil ich mir sehr gut vorstellen konnte, was der Jüngere darauf zu machen versuchen könnte. Ich hatte ihn nach Hause gebracht und meine Freunde zurückgelassen, weil ich ihn eben doch mochte und so. Der ganze Schwachsinn halt. So, wie ich es von ihm gewohnt war. Als er davon sprach, dass ich offenbar gelernt hatte, verdrehte ich die Augen. „Langsam ist das einfach nur ein alter Hut, so oft wie ich deinen Schwachsinn schon gehört habe.“ Gefühlt konnte ich jedenfalls jeden Satz in Bezug auf diese Dinge mitreden, zur Not sogar rückwärts. Einfach, weil wir das Ganze bereits tausend Mal durchgekaut und nie ein zufriedenstellendes Ende dieser Misere gefunden hatten. Also. Nicht für mich zufriedenstellend. Séb schien eigentlich ganz gut damit leben zu können, wie es war. Auch wenn der natürlich eigentlich etwas anderes noch lieber wollte. „Was, wenn ich mir schon längst nen anderen Typen rausgepickt habe, mit dem ich den Abend verbringen will? Vielleicht war ich ja gerade auf dem Weg zum Klo, um mich da erst mal richtig schön ausgiebig durchnehmen zu lassen.“ Gut, damit hatte ich mich dann jetzt wohl auch offiziell geoutet. Wenig elegant, aber es war wohl das erste Mal, dass ich wirklich absolut deutlich gemacht hatte, dass ich auf Typen stand. Nicht, dass er das schon längst auch ohne meinen direkten Input gewusst haben dürfte, aber trotzdem. Hatte ich ihm anfangs noch gesagt, dass ich ihm nicht sagen würde, ob ich Homo oder Hete war, hatte ich das jetzt wohl getan. Egal. Machte jetzt sowieso keinen Unterschied mehr, er konnte es sich ja eh längst denken. Ansonsten, wäre er davon ausgegangen, dass ich hetero war, da war ich mir relativ sicher, wäre er in seinem Versuch, sich an mich ranzumachen, nicht so penetrant gewesen.