Mit einem Schnauben nahm ich seine Worte zur Kenntnis, doch weitaus belustigter, als es mir lieb gewesen wäre. „Wenn ich etwas will, dann bekomm ich das schon hin, keine Sorge.“ Wäre sicherlich das kleinste Übel nen Typen, der ausreichend Porn drehte, um eine gewisse Reichweite zu haben, im Internet ausfindig zu machen. Da war ich mir relativ sicher. Wenn dieser Spinner mit dem Séb befreundet war das geschafft hatte, würde ich das schon auch irgendwie hinbekommen. Immerhin wusste ich wie er hieß. Und wie er aussah. „Erst, wenn du’s auch echt gemacht hast.“ Bis dahin würde ich keine Ruhe geben und ihm vielleicht sogar weiter damit auf den Sack gehen, wenn das dabei half, ihn dazu zu bringen die Katze aus dem Sack zu lassen. „Mag ja sein, dass das ein scheiß Gefühl ist, aber das Pflaster musst du jetzt halt abreißen.“ Alt genug war er allemal.
Auf seinen weiteren Schwachsinn ging ich erst gar nicht ein, immerhin war es nichts neues, dass es ihm Spaß zu machen schien mir auf der Nase herumzutanzen. Allerdings war ich wohl auch irgendwie selbst schuld, weil ich ihn einfach machen ließ, obwohl ich schon hundert Mal angedroht hatte, ihm einfach ein paar zu knallen, wenn er damit weitermachte. Wieso auch immer es bisher nur bei der Drohung geblieben war – das war mir echt ein Rätsel.
Auf dem Herrenklo angekommen, überschlug sich plötzlich ausnahmslos alles, bis zu dem Punkt, an welchem wir einander einfach nur noch dumm gegenüberstanden und darauf warteten, dass irgendetwas passierte. Auch, wenn ich nicht die geringste Ahnung hatte, was denn eigentlich passieren sollte. Mehr als ein „Du bist echt die Pest.“, brachte ich gar nicht mehr hervor, obwohl mir tausend Dinge durch den Kopf gingen, die alle irgendwie um ihn kreisten. Wie schön seine Augen einfach waren und die langen, dunklen Wimpern… ich schluckte, gerade im Begriff einfach wieder von ihm abzulassen um wie ein geschlagener Straßenköter den Raum zu verlassen, als ich plötzlich weiche Lippen spürte, die meine eigenen einfach so vereinnahmten und für einen kurzen Augenblick dafür sorgten, dass ich regelrecht erschrak und da wo ich war erstarrte, ehe ich überhaupt dazu in der Lage war, in irgendeiner Form zu reagieren.
Hatte ich im ersten Augenblick noch darüber nachgedacht, schnellstmöglich von ihm weg zu kommen, so gab ich letzten Endes doch lieber nach und erwiderte seinen Kuss, während ich wenigstens ein kleines bisschen näherkam. Schließlich hatte ich mir vorgenommen, mich auf ihn einzulassen, damit er mich hoffentlich endlich in Ruhe ließ. Das hier war die perfekte Gelegenheit und wenn ich ganz ehrlich war, fühlte es sich auch einfach viel zu gut an, um jetzt noch einen auf unnahbar und desinteressiert zu machen. Wieso also nicht nachgeben und einfach das Gefühl seiner warmen, weichen Lippen auf meinen genießen jetzt, da es ohnehin schon passiert war? Wenn ich ihn einfach machen ließ – wenn er einfach deinen Willen bekam – war das schon okay. Er wollte das hier schließlich schon die ganze Zeit, dann sollte er sich auch holen, was er wollte. Hatte er gerade getan, ja, allerdings war ich mir recht sicher, dass ihm so ein lausiger Kuss auf Dauer auch nicht reichen würde. Immerhin machte ich mir schon mal die Mühe, den Kuss direkt zu vertiefen, während wir noch immer nicht nur gegen die Wand, sondern mittlerweile noch enger gegeneinander gedrängt auf dem Männerklo herumstanden und ich nur am Rande wahrnahm, wie irgendwelche anderen Typen den Raum betraten oder verließen – keine Ahnung, alles was ich mitbekam, waren Figuren, die durch meinen Augenwinkel hindurch huschten, in welche Richtung auch immer. War eigentlich aber auch völlig egal, für solche Gedanken fühlte sich Séb nämlich zugegebenermaßen viel zu gut an. Auch, wenn ich ihm das wohl im Leben nicht freiwillig gesagt hätte.