Zu behaupten, dass die Entscheidung seines Vaters ohne Widerworte hingenommen worden war, wäre gelogen. Definitiv gelogen. Jonah hatte heftig widersprochen. So heftig, dass er eine Woche lang nur nach Hause gekommen war, um seine Schwester nicht schmachvoll in diesem Kampf alleine zu lassen. Aber Malou musste immerhin nicht ihr Zimmer mit irgendwem teilen, weswegen sich sein emotionaler Support dezent in Grenzen hielt und er immer erst recht spät abends in die Wohnung zurückkehrte, die er sich mit Schwester und Vater teilte, seit seine Mutter vor 4 Jahren gestorben war. Sie kamen klar. Sie waren glücklich. Sie hatten einander. Kein Grund, daran etwas zu ändern. Und schon gar nicht SO. Wenn es nach ihm ging, hätte sein Vater keinen Ersatz gebraucht. Keine andere Frau, die nach einem Jahr Beziehung mit Sack und Sohn bei ihnen einzog. Scheiß drauf, dass Mathis ungefähr so alt war, wie er selbst. Er hatte den Kerl jetzt schon ein paar Mal "kennenlernen" dürfen. Und war eigentlich bereits jetzt für den Rest seines Lebens bedient. Doch anstatt diesem Arsch ein für allemal aus dem Weg gehen zu können, würde er sich für die nächsten Monate mit ihm das Mansardenzimmer im zweite Stock der Altbauwohnung teilen müssen. Wieso teilte eigentlich sein Vater und dessen neue Flamme nicht das Zimmer mit dem?! Äußerst unwillig hatte er seinen Schreibtisch verschoben, ans Ende seines Bettes, hatte eine Ecke des Raumes mit den schrägen Decken freigemacht. Und das auch nur, weil er ein schlechtes Gewissen hatte. Weil wiederum sein Vater ein schlechtes Gewissen hatte. Und weil er ihn oft hatte weinen hören, unten im Wohnzimmer, wenn er glaubte, die Kinder würden schlafen. Weil Jonah schlau genug war zu verstehen, dass es gut für Papa war, eine neue Frau an seiner Seite zu haben. Und dass er deswegen Mama nicht weniger liebte. Er verstand das ja alles. Machte die Sache mit dem Zimmer trotzdem nicht besser.