Ausnahmsweise waren wir uns wohl einfach einig, dass wir uns uneinig waren. Für gewöhnlich sah das anders aus, allerdings schien Séb sich damit abzufinden, dass es mir weniger auf Romantik oder Zuwendung ankam und mehr darauf gewisse Bedürfnisse zu erfüllen und schlicht und ergreifend das Gefühl eines Höhepunkts zu genießen. Wer den letzten Endes verursachte war mir herzlich egal, solang er mich eben rein optisch anmachte. Um heiß zu sein musste man von mir nicht gemocht werden, also spielte Zuneigung oder dergleichen auch schlicht keine Rolle. Für den Franzosen schien das ein bisschen anders zu sein, auch wenn ich noch immer nicht recht sicher war, was genau in ihm dieses Bedürfnis auslöste – wieso er ausgerechnet bei mir offenbar ausreichend Zuneigung empfand, um das hier so unbedingt zu wollen, dass er mich einfach nicht in Frieden ließ. Ich war mir sicher, dass es genügend andere Typen in Marseille gab, die scharf darauf gewesen wären. Ob nun auf einen Quickie auf dem Herrenklo oder eine ausgiebige, romantische Nummer im nächstbesten Schlafzimmer. Solche, die eben auch weitaus freundlicher zu ihm gewesen wären, als ich es für gewöhnlich war. Trotzdem ließ er einfach nicht locker.
Und jetzt hatte er genau das, was er hatte haben wollen. Brav gegen die Kabinenwand gelehnt, den Hintern in seine Richtung gestreckt, verbuchte ich das Gefühl von ihm, wie er immer tiefer in mich eindrang, mit einem leisen Stöhnen. Zugegeben; das fühlte sich verdammt gut an. Allerdings hatten andere Typen das auch schon und trotzdem hatte ich sie danach nie wieder gesehen. Darum ihn wiederzusehen, würde ich wohl nicht herumkommen, aber wichtig war, dass das hier eben nichts Besonderes war. Einfach weil ich das so sagte, auch wenn Séb das vermutlich anders sah als ich. Wie immer.
Seine Antwort auf meine Frage hätte ich mir eigentlich denken können – für ihn gehörten solche Zärtlichkeiten eben dazu. Also würde ich damit leben müssen. Damit und mit der Erkenntnis, dass ich es nicht hasste, wie seine weichen, vollen Lippen sich auf meiner Haut anfühlten und wie ich sie gefühlt noch immer spürte – an jedem Punkt, den sie bisher berührt hatten. Wie ein leichtes Brennen unter der Haut. Nicht unangenehm, aber es war spürbar. Irgendwie. Auch wenn ich mir sicher war, dass das eigentlich nicht möglich sein dürfte. „Was auch sonst…“, kommentierte ich letztlich einfach nur, den Blick bewusst nach vorne gerichtet, so dass er mein Gesicht und das Schmunzeln darin nicht sehen konnte. So ein Idiot. Seine nächsten Worte hingegen weckten doch ein gewisses Interesse, das allerdings recht schnell wieder umgelenkt wurde, als er begann sich zu bewegen. Er ganz langsam und ich bemerkte, wie mein Körper sich so noch mehr an ihn und die Bewegung an sich gewöhnte, sodass er nach und nach schneller und damit zwangsläufig auch härter werden konnte was mir letzten Endes doch immer wieder ein leises Stöhnen entlockte. Fuck.
Einen Moment lang genoss ich einfach nur das Gefühl, ehe ich mich um meine eigene Härte kümmerte. So langsam war ich mir nicht mehr ganz so sicher, ob das hier wirklich dazu beitragen würde, dass er das Interesse verlor. Zumindest wenn es ihm ähnlich gut gefiel wie mir, konnte ich diese Hoffnung wohl begraben. Andererseits war es vielleicht ja auch nicht ganz so schlimm hin und wieder nachzugeben, wenn so etwas dabei für mich raussprang. Wer sagte denn auch, dass ich nicht hin und wieder mit demselben Typen schlafen konnte? Dafür musste ich ihm ja nicht gleich die Füße küssen.