Hätte man Charly gefragt, warum sie gerne Zeit mit dem Obdachlosen verbrachte, dann hätte die Teenagerin darauf mit Sicherheit keine Antwort geben können. Es war einfach so. Sie mochte die Gespräche mit den Blonden, mochte es sich seine Meinung zu gewissen Dingen anhören zu können und sie hatte einfach Spaß mit Théo, wenngleich ihr wahrscheinlich jeder sagen würde, dass er nicht der richtige Umgang für sie wäre. Doch, wer hatte sowas bitte zu entscheiden? Ihr bescheuerter Onkel? Wohl kaum. Ihre Eltern? Möglicherweise. Dafür hätte nur ihr Vater nicht sterben und ihre Mutter nicht im Knast landen dürfen, denn so hatten sich auch diese Beiden das Recht verwirkt, irgendwas über ihren Umgang bestimmen zu dürfen. Nein, Charly würde sich den Kontakt zu Théo ganz sicher nicht verbieten lassen. Von niemandem.
Und würde ihr Onkel dies wagen, dann würde die Teenagerin wahrscheinlich trotzdem nachts rausschleichen, damit sie den Obdachlosen besuchen und Zeit mit ihm verbringen konnte. Glücklicherweise wusste ihr Onkel jedoch nichts von ihrem Umgang und Charly hatte definitiv nicht vor, dies irgendwann zu ändern. Sie war zwar eine Teenagerin, aber trotzdem nicht bescheuert.
Entsprechend freute sich die junge Frau auch darüber, dass Théo wirklich eingewilligt hatte, mit ihr hierher zu kommen, denn erwartet hatte Charly das ganz sicher nicht. Aber es war schön und es wäre gelogen, wenn sie behaupten würde, dass sie die Zeit hier nicht genießen würde. Denn das tat sie. Auf dem Fest angekommen schien der Ältere kein Problem damit zu haben ihre Fragen zu beantworten und so lauschte sie ihm gespannt, denn sie war neugierig auf sein Leben vor der Obdachlosigkeit und sie war auch neugierig darauf was er für ein Mann gewesen war, bevor er sich so abgeschossen hatte. Seine Erzählung fand sie daher auch wirklich interessant, doch dann verplapperte sie sich so sehr, dass es ihr die Röte ins Gesicht trieb. Als sich Théo jedoch einen Scherz diesbezüglich erlaubte, lachte Charly leise auf und nickte leicht, während sie so drein sah, als hätte er sie wirklich ertappt. “Erwischt, genau so ist es. Ist echt schwer, meine Finger von dir zu lassen.”, ging sie auf seinen Scherz ein und lachte noch einmal mehr auf, bevor sie amüsiert den Kopf darüber schüttelte. Ja, sie mochte Théo definitiv.
Und dann überließ er ihr die Entscheidung, weswegen sich die Teenagerin noch einmal umsah und als ihr Blick auf das Kinderschminken fiel, da grinste sie, griff wie selbstverständlich nach seiner Hand und zog ihn mit zu dem Stand. “Na, wenn das so ist, dann wirst du jetzt geschminkt.”, verkündete sie nun, sah jedoch den angeekelten Blick der Standbetreuerin, was Charly selbst ziemlich wütend machte. “Ich schminke ihn, keine Sorge. Und jetzt verzieh dich.”, zischte sie der Frau zu und als sie tatsächlich Platz machte, da sah sie wieder zu Théo. “So ein Miststück. Naja, egal. Setz dich.”, und damit strahlte sie den Blonden an, gespannt darauf, ob er wirklich alles mitmachen würde oder ob er jetzt anfing zu streiken.